Anpassung an klimatische Fakten

Anpassung an geänderte Rahmenbedingungen ist das tägliche Brot der Landwirtschaft. Verordnungen, Marktveränderungen und politische Vorgaben lassen sich allerdings kaum vorhersagen. Anders verhält es sich bei Veränderungen von Wetter und Klima die auf physikalischen Prozessen beruhen und daher Projektionen für die Zukunft vorgenommen werden können. Das Wetter hat auf die landwirtschaftliche Produktion und den betrieblichen Erfolg mit Abstand den größten Einfluss. Daher sind Veränderungen und deren Folgen in diesem Bereich von zentraler wirtschaftlicher Bedeutung.

Wer täglich in und mit der Natur arbeitet wird den Klimawandel sicher selbst bemerkt haben und anhand vieler Beispiele bestätigen können. Mittlerweile lassen sich Austrieb, Blüte oder Fruchtreife um bis zu zwei Wochen früher beobachtbar sind als noch in der Vergleichsperiode 1961 bis 1990. Das sind markante Änderungen die direkt die landwirtschaftliche Produktion betreffen.

Anpassung ist notwendig

Ausgehende von den jetzt schon beobachtbaren Veränderungen stellt sich die Frage nach der weiteren Zukunft unseres Klimas. Die Antwort darauf liefern Klimamodelle die mit Hilfe von Mathematik und Physik die klimatischen Verhältnisse bis Ende des Jahrhunderts berechnen. Das Thema ist naturgemäß sehr komplex und auch eng mit politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen verknüpft (Stichwort CO2 Ausstoß). Trotzdem sind die Ergebnisse dieser Modelle, insbesondere in Bezug auf die weitere Zunahme der Temperatur in den nächsten Dekaden, sehr gut abgesichert und einheitlicher wissenschaftlicher Konsens.

Gegenüber der Mitteltemperatur in der Referenzperiode 1961-1990 wird im Alpenraum die Temperatur bis Mitte dieses Jahrhunderts im Jahresmittel um 2°C zunehmen. Steigt die Mitteltemperatur bedeutet dies in weiterer Folge auch höhere Extremtemperaturen, also Hitzewellen und Dürren. Wie in Abbildung 2 ersichtlich wird sich die Anzahl der Tage mit Hitzestress bis Ende des Jahrhunderts in weiten Teilen des Landes verdreifachen, im Osten sogar auf über 30 Tage pro Jahr steigen.

Mit der Hitze geht in der Regel auch Trockenheit einher. Übers ganze Jahr betrachtet wird sich nur wenig an der Niederschlagsmenge ändern. Allerdings zeichnet sich eine deutliche Verschiebung der Niederschläge in Richtung der Wintermonate ab. In den Sommermonaten Juni, Juli und August ist verbreitet mit einer deutlichen Abnahme der durchschnittlichen Niederschlagsmenge um bis zu 25% zu rechnen.

Höhere Temperaturen bedeuten aber auch eine Verlängerung der Vegetationsperiode. Einerseits verändern sich dadurch die Bewirtschaftungsmöglichkeiten, andererseits erhöht sich besonders zu Beginn der Vegetationsperiode die Gefahr von Schäden durch Spätfrostereignisse. In dieser Zeit ist die Wahrscheinlichkeit für polare Kaltluftvorstöße noch wesentlich größer als später im Jahr. Genau dieses Phänomen mussten wir in den letzten Jahren mehrmals beobachten.

Eine wärmere Atmosphäre kann auch mehr Wasserdampf halten und damit steigt bei entsprechenden Wetterlagen das Potential für Starkregenereignisse und extreme Gewitter. Die Projektionen zu dieser Thematik zeigen, dass in Zukunft sowohl mit einem Anstieg der Anzahl solcher Ereignisse, als auch mit einer Zunahme der in kurzer Zeit auftretenden Niederschlagsmengen zu rechnen ist. Auch diese Entwicklung konnten wir in den letzten Jahren mit all ihren Folgen beobachten. Lokale Überschwemmungen, tonnenweise abgeschwemmter Humus und Verschlämmungsschäden treten häufiger und heftiger auf als noch in vergangenen Jahrzehnten.

Die Veränderungen durch den vom Menschen verursachten Klimawandel betreffen nicht nur direkt die landwirtschaftlichen Kulturen sondern das gesamte Ökosystem. Das bedingt auch Veränderungen im Bereich von Schadorganismen und Pflanzenkrankheiten.

Um langfristig erfolgreich zu bleiben, muss all den jetzt schon beobachtbaren und auch zukünftigen klimatischen Veränderungen durch Anpassung der agrarischen Bewirtschaftung Rechnung getragen werden.

Anpassung ist möglich

Da die landwirtschaftliche Produktion überwiegend unter freiem Himmel erfolgt ist eine Anpassung an geänderte Umweltbedingungen die einzige Möglichkeit. Im Vergleich zur Forstwirtschaft, mit Produktionszeiten von 80 bis 200 Jahren, ist der Ackerbau wesentlich anpassungsfähiger da beinahe jährlich auf veränderte Rahmenbedingungen reagiert werden kann. Das hat die Landwirtschaft in den vergangenen Jahrhunderten auch immer erfolgreich praktiziert. Allerdings sollte man sich von dieser scheinbaren Flexibilität nicht zum Abwarten verleiten lassen denn jede Maßnahme braucht Vorbereitung und Zeit für den Aufbau von technischem oder pflanzenbaulichem Know-How. Nur so können Anpassungsmaßnahmen erfolgreich umgesetzt und in den Betrieb integriert werden.

Die Möglichkeiten zur Anpassung sind vielfältig und in der Umsetzung mehr oder weniger aufwändig. Die zentralste Maßnahme ist sicher der Anbau von angepassten Sorten und Fruchtarten mit Anbauverfahren die Bodenschonung und Wassereinsparung ermöglichen.

Weitere Bereiche der Anpassung sind z.B.

  • Effizientere Bewässerung die zu keiner zusätzlichen Belastung für den Wasserhaushalt führt
  • Optimierte Düngung zur Realisierung möglicher höherer Erträge
  • Forschung und Entwicklung im Bereich des Pflanzenschutzes vor allem in Bezug auf neue Schädlinge
  • Weiterentwicklung im Bereich agrarmeteorologischer Vorhersagen und Wetterwarnungen
  • Wassersparende und bodenschonende Anbauverfahren
  • Neugestaltung landwirtschaftlicher Bewirtschaftungssystemen die den Wasserhaushalt verbessern (z.B. durch den Rückbau von Entwässerungen oder der Erhöhung des Wasserrückhalts durch angepasste Bodenbearbeitung)
  • Humuserhaltende und humusaufbauende Bodenbewirtschaftung auch mit dem Ziel Erosion zu verhindern und Kohlenstoff nachhaltig im Boden zu binden.

Anpassung ist individuell

Die Dringlichkeit zur Anpassung ist unter anderem abhängig von der geographischen Lage (Boden und Klima), den jetzt schon gewählten Anbauverfahren und Methoden der Bodenbewirtschaftung sowie der betrieblichen Ausrichtung und wirtschaftlichen Diversität. Jeder Betriebsführer ist gefordert individuell zu entscheiden welche Maßnahmen für seinen Betrieb die größte Wirkung in Hinblick auf diese Anpassung entfalten können. Änderungen in der Kultur- und Sortenwahl, die Anwendung neuer agrotechnischer Maßnahmen oder neuer Methoden der Bodenbearbeitung, Schädlingsbekämpfung und Düngung werden jedenfalls notwendig sein.

Für das wirtschaftliche Überleben eines landwirtschaftlichen Betriebes spielt es keine Rolle wer letztendlich für die klimatischen Änderungen die Verantwortung trägt. Faktum ist, dass sich das agrarische Ökosystem insbesondere in Bezug auf Wetter und Klima verändert und wir uns an diese neuen Rahmenbedingungen mit all ihren Chancen und Risiken anpassen müssen. Wer heute schon damit anfängt gewinnt einen Vorsprung der zukunftsentscheidend sein kann.