„Ich glaube an das Pferd.“

Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung. (Kaiser Wilhelm II.)

Tja, so kann man sich irren. Im ersten Moment möchte man über Kaiser Wilhelm II von Deutschland lachen und denkt sich seinen Teil. Denn in der Rückschau erscheint diese Einschätzung völlig idiotisch. Tatsächlich aber war auch die Einführung des Automobils, wie das bei den meisten Innovationen ist, ein steiniger Weg. Selbst Henry Ford, der Mann der das Auto für die breite Masse baute, sagte: „Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt schnellere Pferde.“ Das Potential der Erfindung wurde also von der Mehrheit der Bevölkerung nicht erkannt. Bei der Betrachtung im Rückspiegel kann man sich nur wundern wie „blind“ die Menschen damals waren. Für Kutschenbauer, Pferdehändler und Züchter war das Auto aber sehr rasch der wirtschaftliche Todesstoß. Obwohl die Entwicklung bekannt war hat offenbar kein Kutschenbauer die Gefahr erkannt und selber Autos gebaut. Lieber hat man Argumente gesucht warum sich das Automobil sicher nicht durchsetzten wird um sich weiterhin in Sicherheit wiegen zu können. Ähnliche Muster finden sich bei allen Innovationen die ganze Branchen umgekrempelt haben. Wenn eine Erfindung Geschäftsmodelle, Märkte oder Wirtschaftszweige ersetzt oder hinfällig macht, dann spricht man von disruptiver Innovation.

Trügerische Sicherheit

In der Landwirtschaft fühlt man sich recht sicher was Disruption angeht, denn essen werden die Menschen immer. Das ist zwar grundsätzlich richtig, doch wenn man genau hinsieht, dann bemerkt man auch in diesem Sektor Entwicklungen die gewaltige Veränderungen in der Landwirtschaft bewirken werden. Neues verdrängt Altes und schließlich werden ganze Wirtschaftszweige zerstört. Innovation ist ja die Kraft der schöpferischen Zerstörung (vgl. Joseph Schumpeter). Innovation in der Landwirtschaft wird vielfach mit Begriffen wie „Landwirtschaft 4.0“, „Precisious Farming“, „der gläserne Bauernhof“ usw. abgehandelt. Was dabei oft übersehen wird sind Unternehmen die sich mit grundlegenden Alternativen zur landwirtschaftlicher Produktion beschäftigen. Das sind Unternehmen die z.B. echtes Fleisch, Milch oder Eiweiß künstlich herstellen. Eines dieser Unternehmen ist die Firma Memphis Meats. Bei einer Finanzierungsrunde im Jahr 2017 wurden 17 Million Dollar eingesammelt auch von bekannten Namen wie Bill Gates oder Richard Branon. Abgesehen von ersten Verkostungen sind die Kunstfleisch-Burger noch nicht am Markt erhältlich. Nach eigenen Angaben rechnen die Unternehmen mit einer Reife für den Massenmarkt in 5 bis 10 Jahren.

Falsche Schlüsse

Das klingt noch nach einem weiten Weg der hier zu gehen sein wird. In Anbetracht des großen finanziellen Aufwands der betrieben wird ist diese Entwicklung aber durchaus realistisch. Neben Fleisch wird an künstlichem Eiweiß, künstlicher Gelatine oder Fisch aus dem Labor geforscht. Man wird jetzt vermutlich viele Argumente finden warum diese Initiativen erfolglos bleiben werden und weshalb sicher niemand Fleisch aus dem Labor essen möchte, doch das haben disruptive Innovationen so an sich. Es war bei der Digitalkamera nichts anderes und trotzdem hat heute jeder eine in sein Handy integriert.

Autor: Josef Rohregger